Montag, 23. März 2020

Eine Woche Schulschliessung, eine Woche Fernunterricht - Erfahrungen und Ausblick

Lernvideos habe ich erstellt, elektronisch Aufgaben erteilt und mit Lernenden kommuniziert. Seit einer Woche, denn Präsenzlektionen sind verboten. Doch die Schule muss weitergehen.

Glücklicherweise haben alle Lernenden Zugang zu Office 365 und alle haben Zugang zu einem Computer oder Smartphone. Die Lernziele sind an Berufsschulen vorgegeben, was die Didaktik einschränkt. Hier schrieb ich dazu.
 
Unterlagen, Aufgaben und Lernvideos

Ich habe Erfahrung mit SOL-Projekten und bin technisch bewandert. Da ich vor einiger Zeit bei Fobizz einen online-Kurs zu Handyvideos absolvierte, beschloss ich, meine Lerninputs als kleine Videos zur Verfügung zu stellen.

Den Klassen teilte ich mit, dass wir über "Microsoft Teams" kommunizieren, legte Dateien, Aufgaben und teilweise Mustelösungen ab und sagte, dass die Lernenden Fragen im Teamsforum stellen sollten, damit ich die Antwort gleich allen geben kann.
Natürlich dürfen sich die Lernenden bei Fragen melden.

Ich erstellte Lernfilme und stellte diese auf "MS Stream". Nach ein paar Startschwierigkeiten entstanden ansehnliche Filme.

Die Lernenden scheinen die Videos zu mögen, die Klickzahlen sind gut. Der Vorteil solcher Filme ist, dass man sie immer wieder, im eigenen Tempo anschauen kann.

Ziele für die nächste Woche

Es scheint, dass die Lernenden daran sind, sich die Themengebiete zu erarbeiten und bei Unsicherheiten nachzufragen.

Aber es ist schwierig, den Kontakt zu den Lernenden zu halten. Allerdings ist das Kontakthalten mit einer Klasse in einer Berufsschule, bei zwei bis vier Lektionen pro Woche mit derselben Klasse, auch bei Präsenzlektionen schwierig.
Lernfortschritte können online nur schwer beobachtet werden, was aber auch bei Präsenzlektionen schwierig ist.
Missverständnisse passieren online dagegen häufiger bzw. bleiben deutlich länger unentdeckt als bei Präsenzveranstaltungen. Auch technische Probleme können auftreten und die Lernenden vom Lernen abhalten.
Ferner muss ich aufpassen, dass ich bei sechs verschiedenen Klassen nicht den Überblick verliere, welcher Klasse, ich bis wann, welchen Auftrag, in welcher Form, erteilt habe.

In der zweiten Woche will ich versuchen, mehr Kontakt herzustellen und mir der Gefahr von Missverständnissen noch bewusster zu sein.
Dazu habe ich einerseits per Mail die Lernenden aufgefordert mir einen Zwischenstandsbericht abzugeben, anderseits habe ich auf "Teams" mit Hilfe von "MS Forms" Aufgaben und Quize erstellt. So erhalte ich Hinweise, wie die Lernenden vorwärts kommen.
Allenfalls werde ich noch eine Telefonkonferenz machen.

Die Lernvideos behalte ich bei und werde sie wohl auch in Zukunft als Lektionenvorbereitung nutzen. Bisher zögerte ich, weil ich nicht voraussetzen konnte, dass alle Lernenden Zugang zu den notwenigen technischen Hilfsmittel haben.

Zukünftige Entwicklung

Seit einiger Zeit vermute ich, dass selbstorganisiertes Lernen in der Sekundarstufe 2 an Bedeutung gewinnen wird und Präsenzveranstalltungen quantitativ ab-, aber qualitativ zunehmen werden. Vor einiger Zeit habe ich dies hier angesprochen.

Denkbar ist, dass Klassen mit bspw. 25 Lernenden fünf Gruppen bildet. Statt, dass die Klasse an vier Lektionen pro Woche im Unterricht ist, arbeiten die Gruppen an drei Lektionen alleine. Jede zweite Woche findet eine Lektion für Fragen, Austausch und Prüfungen in der Klasse statt.  Dazwischen gibt es Treffen zwischen den Gruppen und der Lehrperson und die Lernenden stehen elektronisch mit den Lehrpersonen in Kontakt. Die Lektionenzahl nimmt für die Lehrpersonen nicht ab, die Effektivität aber zu.
Allenfalls kann dieser Wissensaufbau mit kreativen Elementen, wie Lernfilmen etc. angereichert werden. Man muss aufpassen, dass sich diese Aufgaben nicht tot laufen, wenn die Lernenden plötzlich in allen Fächern solche Anfertigungen machen müssen. Mehr dazu habe ich hier geschrieben.

Insbesondere bei BM2 Lernenden (Berufsmatura für Erwachsene) sind solche Modelle denkbar. Bei Lernenden der Grundbildung und in der Volksschulstufe, sind solche Modelle eher als Ergänzung zum herkömmlichen Unterricht zu sehen.

Denn die soziale Interaktion zwischen Lehrpersonen und Lernenden und zwischen den Lernenden selbst, ist in Präsenzlektionen eindeutig höher als in online-Treffen. Klassenverbände geben den Lernenden Orientierung. Sozialkontakte und Freundschaften finden innerhalb der Klassenverbände statt. Aber auch die Pausen in den Schulen können Sozialkontakte fördern
Schliesslich ist zu beachten, dass nicht alle Lernenden zu Hause das Lernumfeld finden, das sie bräuchten.

Wissen und Konzentrationsfähigkeit bleiben die Grundlagen für die "4-K"

Wichtig ist, dass nicht unter dem Deckmantel von SOL, digitaler Transformation und angeblich "zeitgemässer Bildung" unwissenschaftliche, thematische Beliebigkeit eingeführt wird. Lerninhalte und Wissensaufbau als Grundlage für echtes krtisches Denken, und echte Teilhabe am sozialen Leben, bleiben im Internetzeitalter mit alternativen Fakten und Fake News zentral. Dazu, und was meines Erachtens wirklich "zeitgemässe Bildung" und "zeitgemässes Lernen" ist, habe ich mehrfach geschrieben. Beispielsweise hier oder hier.


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