In diesem Blogbeitrag zeige ich verschiedene volkswirtschaftliche Zusammenhänge im Sinne einer Zusammenfassung auf.
Wer die Details kennen will, dem sind die entsprechenden Lehrbücher am Ende des Textes empfohlen.
Der Text ist eine leichte Abwandlung einer Zusammenfassung, die ich jeweils am Schluss der VWL-Ausbildung kurz vor der QV-Prüfung meinen KV/BM-Lernenden abgebe und bespreche.
Inhaltsverzeichnis
1. Zinsen, Geldmenge, Inflation und Wechselkurs
2. Wechselkurs und Export/Konjunktur
3. Leistungsbilanz und Wechselkurs
4. Wechselkurs, Produktivität, Strukturwandel, Wachstum
4.1 Währungsaufwertung kurzfristig und langfristig
4.2 Wähungsabwertung kurzfristig und langfristig
5. Leistungsbilanz und Verschuldung
6. Zölle und Abwertung der eigenen Währung
7. Quellen
1. Zinsen, Geldmenge, Inflation und Wechselkurs
Wenn die Zinsen gesenkt werden, steigt die Geldmenge (Kredite werden günstiger, die Unternehmen und Menschen investieren mehr und sparen weniger).
Dadurch steigen die Preise und der Wechselkurs, d.h. Güter werden teurer
und für Devisen muss mehr Landeswährung bezahlt werden. Die eigene Währung wird
schwächer.
Wenn aber die Inflation im Inland kleiner ist als im Ausland, sinkt der
Wechselkurs trotzdem, d.h. die inländische Währung wird stärker (mit eigener
Währung kann man mehr fremde Währung kaufen).
Definition
Wechselkurs (Preisnotierung): Inländische Währung/ausländische Währung
bspw. Franken/Euro oder Franken/Dollar.
Wenn der Wechselkurs steigt, muss ich also mehr Franken pro Dollar bezahlen. Der
Franken wird also schwächer.
(In der öffentlichen Diskussion wird nicht immer diese Definition verwendet.
Dort wird manchmal davon gesprochen, dass der Wechselkurs steige, wenn der
Franken stärker wird, also weniger Franken für eine fremde Währung bspw. Dollar
bezahlt werden muss. Diese Definition geht von der sogenannten Mengennotierung
aus).
Merke: Devisen
sind ökonomisch gesehen normale Sachgüter. Wenn mehr Geld für Sachgüter
ausgegeben werden muss (Inflation), muss auch mehr Geld für Devisen ausgegeben
werden (Wechselkurs steigt, der Wert der eigenen Währung zerfällt).
Die tiefen Zinsen wiederum kurbeln die Wirtschaft an, weil mehr investiert und weniger gespart wird. Ausser wenn die Zukunftsaussichten sehr schlecht sind. Dann investieren die Unternehmen trotz tiefer Zinsen nicht. Die Wirtschaft befindet sich in der sogenannten Investitionsfalle.
Ferner führen tiefe Zinsen dazu, dass es für das Ausland weniger attraktiv wird, Devisen in Landeswährung zu tauschen, da man ja nur wenig Zins erhält. Die Nachfrage nach Landeswährung sinkt also, ihr Wert nimmt ab, was sich steigend auf den Wechselkurs auswirkt.
2. Wechselkurs und Export/Konjunktur
Wenn der Wechselkurs steigt (die Landeswährung schwächer wird), werden die Exporte billiger und die Importe teurer. Somit können mit einer Abwertung die Exporte und die Konjunktur (kurzfristig) angekurbelt werden. Deshalb propagieren immer wieder Politiker die Abwertung der eigenen Währung. (Siehe Kap. 4.2).
3. Leistungsbilanz und Wechselkurs
Wenn ein Land mehr exportiert als es importiert, hat es einen Zufluss an Devisen. Die Leistungsbilanz ist positiv, die Kapitalbilanz entsprechend negativ.
Folge: Die Devisenreserven nehmen
zu, die Direktinvestitionen im Ausland nehmen zu, der Wechselkurs sinkt, weil die
Nachfrage nach inländischer Währung steigt (die Devisen müssen in Landeswährung
getauscht werden, um Löhne bezahlen zu können), die eigene Währung wird stärker.
Damit werden die Exporte wieder teurer.
Merke: Ein
Leistungsbilanzüberschuss sollte zu einem tieferen Wechselkurs führen, womit
sich der Leistungsbilanzüberschuss von selbst abbauen sollte, weil die Exporte
teurer und die Importe günstiger werden. Wäre das System statisch, wäre es selbststabilisierend.
Da das System aber dynamisch ist, passiert dies in der Realität nicht. Die Unternehmen suchen nach Rationalisierungen und werden im Gegenteil noch produktiver und noch wettbewerbsfähiger.
4. Wechselkurs, Produktivität, Strukturwandel, Wachstum
Wenn man mehr exportiert als importiert, werden die Produkte
auf dem Weltmarkt also teurer, weil der Wechselkurs (theoretisch) sinken sollte.
Damit ein Unternehmen trotzdem seine Produkte verkaufen kann, muss es besser
bzw. produktiver werden.
Höhere Produktivität führt einerseits zu mehr (langfristigem) Wachstum,
anderseits aber auch zu schnellerem Strukturwandel. Die Gefahr von
struktureller Arbeitslosigkeit steigt.
Dies erklärt, warum Ökonomen Freihandel meist wesentlich positiver beurteilen
als die «normalen» Menschen.
Ferner locken hohe Produktivität und eine wettbewerbsfähige
Wirtschaft (ausländische) Investoren an. Die Nachfrage nach inländischer Währung
steigt.
Folge 1: Die Zinsen können weiter
sinken, was die Wirtschaft ankurbelt. Die ausländischen Investoren bleiben trotzdem, weil sie
hohes Vertrauen in die Wirtschaft haben und sie bei Rückwechselung der
Lokalwährung in Devisen von sinkenden Wechselkursen profitieren.
Folge 2: Die Wechselkurse sinken,
die eigene Währung wird stärker, die Wirtschaft muss noch produktiver werden.
Folge 3: Die Wirtschaft wird noch
produktiver und wettbewerbsfähiger, die Währung noch attraktiver, die
Leistungsbilanz noch positiver.
Folge langfristig:
Es entsteht eine Wohlstandsspirale nach oben.
Folge kurzfristig:
Es kann (strukturelle) Arbeitslosigkeit entstehen.
Merke: Ein hoher
Wechselkurs (schwächer werdende Währung) kann eine schwache Wirtschaft kurzfristig ankurbeln. Ein tiefer
Wechselkurs (stärker werdende Währung) kann eine starke Wirtschaft zu einer Wohlstandsspirale führen (oder
wenn die Wirtschaft eines Landes zu schwach ist, in eine Krise).
Beispiel: Dies erklärt, warum die Schweiz seit über 50 Jahren eine stärker werdende Währung hat, die Exportwirtschaft sehr produktiv ist und das Wohlstandsniveau weltweit zu den höchsten gehört. Die permanente Aufwertung des Schweizer Frankens wirkt wie ein permanentes Fitnessprogramm für die Exportwirtschaft (bspw. Pharma, Chemie, Maschinen, Finanzdienstleistungen)
4.2 Währungsabwertung kurzfristig und langfristig
Mit Abwertungen kann man die Wirtschaft kurzfristig
ankurbeln. Langfristig, werden ausländische Investoren aber abgeschreckt, weil
sie befürchten müssen, dass sie bei Rückumwandlungen der Devisen in ihre Landeswährung weniger zurückerhalten als
sie einst getauscht/investiert hatten.
Ferner hat die Wirtschaft keinen Druck, produktiver zu werden. Die
Produktivität erhöht sich langfristig nicht, Importe sind teuer. Schliesslich
verlieren die Vermögen in inländischer Währung gegenüber ausländischen
Währungen permanent an Wert. Es kommt zu Kapitalflucht bspw. in den als stabil
geltenden Schweizer Franken. Das Land mit schwacher Währung bleibt arm.
5. Leistungsbilanz und Verschuldung
Um Importe bezahlen zu können braucht man Devisen. Diese
kann man sich beschaffen, wenn man exportiert. Wenn man mehr exportiert als
importiert, baut man sich einen Überschuss also ein Guthaben auf. Diese Guthaben werden bspw. in Form von Direktinvestitionen im Ausland investiert. Die Kapitalbilanz ist deshalb negativ. Aufgrund der Zinsen und Dividenden, die es in der Folge geben wird, steigt aber wiederum die Leistungsbilanz.
Wenn man aber mehr importiert als exportiert kann man nur einen Teil der
Importe bezahlen. Man muss also einen Kredit aufnehmen. Man baut sich eine
Schuld auf. Im Idealfall besteht diese Schuld in Form einer Direktinvestition (Fabrik) des Gläubigers. Dies bedingt aber, dass das Schuldnerland politisch stabil ist und bspw. qualifiziertes (oder sehr günstiges) Personal hat.
Beispiel: Dies
erklärt, weshalb viele südeuropäische Länder seit Einführung des Euros sich
stark verschuldet hatten. Die Importe aus den starken Euroländern (bspw. Deutschland) wurden nicht mehr teurer, weil man keine eigene Währung mehr
hatte, die man abwerten konnte. Die eigenen Produkte waren nicht mehr
konkurrenzfähig, weil man sie mit Abwertungen nicht mehr günstiger machen
konnte. Es wurde mehr importiert als exportiert. Die Verschuldung nahm zu.
Eigentlich hätte sich die Wirtschaft dieser Länder (durch
Auslandsinvestitionen) strukturell verbessern sollen. Dies gelang aus
verschiedenen Gründen in den meisten Ländern aber nicht. Die
Ungleichgewichte in der Eurozone verschärften sich.
Beispiel: In den 1980er Jahren machte gefühlt die ganze Schweiz in Italien Sommerferien. Die italienische Lira war praktisch wertlos. Entsprechend waren Ferien in Italien sehr günstig.
Wenn Politiker merken, dass die eigene Wirtschaft bzw.
einzelne Branchen auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig ist bzw. sind, versuchen
sie manchmal einzelne inländische Branchen mit Zöllen zu schützen. Damit werden die Importgüter teurer, was die inländischen Produkte bei den Konsumentinnen und Konsumenten attraktiver machen soll. Manchmal
gelingt es tatsächlich die geschützte Branche zu erhalten, manchmal kann
immerhin der Strukturwandel verlangsamt werden. Dies geht aber zu Lasten der
Konsumentinnen und Konsumenten, die (vorübergehend) teurere (und evtl.
qualitativ schlechtere) Produkte akzeptieren müssen.
Exkurs: Arbeitsplätze dank Zollschutz?
Unwahrscheinlich ist die Hoffnung, dass sich im Schutze
dieser Zölle eine international wettbewerbsfähige Branche entwickeln kann. Die
Idee ist, dass ausländische Unternehmen ihre Produktion ins Land verlegen, um den Zoll zu umgehen. Anschliessend kann die Branche in geschütztem Rahmen lernen und besser werden.
Damit dies gelingen könnte, bräuchte es massive Investitionen in die
Ausbildung der Menschen und in die Infrastruktur, damit die Produktivität in
dieser Branche stark erhöht werden könnte. Aber nur wenige investieren in eine
Branche, die nur dank «staatlicher Krücke» existieren kann.
Ausserdem erhalten die ohenhin wettbewerbsfähigeren ausländischen Anbieter einen Anreiz noch besser zu werden, um trotzdem Zöllen gekauft zu werden.
Es handelt sich um denselben Trugschluss, wie wenn geglaubt
wird, man könne die eigenen Wirtschaft mit einer Abwertung der eigenen Währung wettbewerbsfähig
machen. Am Ende hat man meistens lediglich teurere (und qualitativ schlechtere)
Produkte für die inländischen Konsumentinnen und Konsumenten und ausländische Konkurrenten, die noch stärker sind.
Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels stellt sich ferner
die grundsätzliche Frage, ob es Sinn macht, zu Lasten der Konsumentinnen und
Konsumenten Strukturen zu erhalten, die im internationalen Wettbewerb nicht
konkurrenzfähig sind.
7. Quellen
Blöchliger Jonas, Grimm Günter, Knecht Daniel, anwenden&verstehen Bnd. 3, Verlag SKV
Brunetti Aymo, Volkswirtschaftlehre - Eine Einführung, Hep-Verlag
Eisenhut Peter, Aktuelle Volkswirtschaftslehre, Edition Rüegger
Spirgi Samuel, Gräub Beat, Die volkswirtschaftliche Preisbildung, Verlag KLV