Samstag, 6. Juni 2020

Am Montag startet wieder Präsenzunterricht - und das ist gut so.

Am Montag startet wieder Präsenzunterricht nach zehn Wochen Fernlernen - und das ist gut so. Die Mails häufen sich, von Lernenden, die schreiben, sie hätten den Überblick verloren, sie seien nicht mehr sicher, welche Aufträge sie zu erledigen hätten und was noch alles zu tun sei. 

Weiter werden elektronische Lernaufträge nicht mehr so vollständig gemacht, wie zu Beginn. Teilweise hängt dies auch damit zusammen, dass sich das Schuljahr dem Ende zu neigt und die Lernenden wissen, dass es keine Promotion gibt, sie also das Semester bestanden haben. Die diversen Ausfälle in Folge von Feiertagen tragen ebenfalls nicht dazu bei die Leistung und die Motivation hoch zu halten.

Doch hauptsächlich ist es einfach mühsamer für eine Frage eine Mitteilung zu schreiben, als in einer Präsenzlektion kurz zu fragen. Der Reiz des Technischen ist verflogen. Lernende und Lehrende sehen auch die Nachteile von Fernkursen und schätzen (wieder) die Vorteile der Präsenz.

Zusätzlich sind die Lernenden an drei bis vier Tagen in einem Betrieb beschäftigt und die Phase des Arbeitens im Home-Office statt im Büro, ist auch langsam am Abnehmen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Schule in den Hintergrund rückt.

Der Präsenzunterricht wird nicht im herkömmlichen Sinne stattfinden können. Corona bedingt wird eine Lektion gleichzeitig in zwei Zimmern stattfinden müssen. Weiter müssen die Lernenden möglichst auf ihrem Platz bleiben. Bei schönem Wetter darf allerdings auf den Bänken auf dem Pausenplatz gearbeitet werden. Trotz des aufwändigen Schutzkonzeptes der Schule, bleibt ein gewisses Ansteckungsrisiko, was die Freude auf den Wiederbeginn schmälert.

Deshalb wird weiterhin weitgehend im Selbststudium gearbeitet werden müssen. Wobei es technisch möglich ist, einen frontalen Input in das andere Zimmer simultan zu übertragen, wie ich getestet habe. Dies führte zur Frage, ob man nicht weiterhin von zu Hause aus arbeiten könne, um sich den langen Anfahrtsweg zu sparen.

Gerade im Sek II - Bereich und bei den Erwachsenen dürften mittelfristig hybride Modelle, wie sie vermehrt diskutiert werden und von mir hier diskutiert, nicht zu letzt aus Pendlerfreundlichkeitsgründen an Bedeutung beginnen. Präsenzunterricht dürfte aber auch in diesem "Segment" zentral bleiben. Allenfalls werden Inputs vermehrt statt in der Lektion als Lektionsvorbereitung per Video gehalten, womit die Effektivität einer Lektion möglicherweise erhöht werden könnte.

Und schliesslich ist es positiv zu werten, dass die Lernenden wieder gerne zur Schule kommen. So wie jener Lernende, der mir diese Woche in einer Mail schrieb: "Ich freue mich auf die Schule."



Dienstag, 2. Juni 2020

Antwort an Valentin Helling (Twitterdiskussion vom 2. Juni 2020)

Danke für den Vedder-Hinweis (ich seh zwar nicht ganz, was du beabsichtigst und eingentlich, will ich auch nicht über den Text schreiben, da du dies aber offenbar willst). Ich sagte übringes, "Schule sei veraltet," sei die These, nicht "Schule werde in Frage" gestellt (dies las ich allerdings auch schon).

Ich zitiere Vedder: «Unsere Traditionsschule ist ein Auslaufmodell – ein schwerfälliger Tanker (…) ein marodes System (…) wir brauchen den grossen Wurf!...» Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Hey Bro, vielleicht solltest du in Zukunft die ganzen Texte lesen?

Vedders bestenfalls halbrichtige These, wonach Schulen veraltete "Dressuranstalten" seien und nur der «grosse Wurf» helfen könne, versucht er anschliessend, mit fehlerhaften Argumenten zu untermauern. Zumindest für die Schweiz gelingt dies nicht.

Kein Wunder, er findet auch, dass man 50% der Lernziele streichen könne. Er will bspw. das Bruchrechnen auf ein Minimum reduzieren. Bei sich selbst scheint er schon begonnen zu haben, «Über 50% der Arbeitsabläufe sind heute schon automatisiert.» Es fehlt die Grundgesamtheit, weshalb die Aussage mathematisch sinnlos ist (ökonomisch ist sie eh sinnlos, weil Geschäftsprozesse dauernd optimiert werden. Einige verschwinden, neue kommen dazu – seit mindestens 300 Jahren). Vedders Text ist ein schönes Beispiel, was passiert, wenn jemand mit ein bisschen Internet-Halbwissen meint er können die Welt erklären. Ein Schulbeispiel des Dunning-Kruger-Effekts.

Es wundert mich immer, wenn Didaktiker und Pädagogen glauben zu wissen, wie die Wirtschaft in 20 Jahren aussieht. Ökonomen wissen dies nicht. Deshalb wollen sie die wirtschaftlichen Produktivkräfte stärken. Dazu brauchen wir moderne Schulen, in welchen bspw. Bruchrechnen gelernt wird und die Kinder nicht ein Vormittag lang den Zeitwächter in einer Gruppenarbeit spielen.

Übrigens, meine Kinder brauchen keine leistungsfähige Volksschule. Wir könnten sie auch zu Hause beschulen. Evtl. würden sie zu Hause sogar spezifischer gefördert. Trotzdem schicken wir sie mit Überzeugung in die Volksschule, (jedenfalls solange Leute wie Vedder oder andere aus eurer Filterblase sie nicht kaputt gemacht haben.)

Ob «normale» Kinder diese Varianten auch haben, wage ich zu bezweifeln. Ihr habt einfach nicht fertig gedacht!

Gerne verweise ich auf meinen Blog, wo ich dies mehrfach dargelegt habe. Solltest du und deine Filterblasenfreunde lesen. 

Schöner Tag noch, Bro.