Freitag, 3. Juli 2020

Drei Wochen Präsenzunterricht unter Corona-Bedingungen

"Sie können selbst entscheiden, welche Unterlagen Sie nächste Woche mitnehmen und an welchen Themen Sie arbeiten wollen. Ich bin einfach hier für individuelle Fragen." Diesen Satz sagte ich in den letzten drei Wochen vor den Sommerferien, als der Präsenzunterricht an unserer Schule wieder aufgenommen wurde, mehrfach. Denn es waren in mehrfacher Hinsicht keine "normalen" drei Wochen.

Nachdem die Schweizer Regierung beschlossen hatte, dass Schulen der Sekundarstufe 2 ab dem 8. Juni 2020 unter Einhaltung eines Corona-Schutzkonzeptes wieder öffnen durften, erstellten wir ein entsprechendes Schutzkonzept. 

Da die Schule auf Ende Schuljahr 2019/20 per Regierungsratsbeschluss aufgrund einer Neuorganisation der Aargauer Berufsfachschulen geschlossen wird, wollten wir noch einmal Präsenzunterricht aufnehmen und nicht bis zu den Sommerferien am Fernunterricht festhalten.
Ferner ist noch nicht ganz sicher, ob nach den Sommerferien wieder "normal" unterrichtet werden kann, weshalb wir die drei Wochen Nutzen wollten, um Erfahrungen zu Unterricht unter Corona-Bedingungen zu sammeln.

Eine Klasse arbeitet in 2 Zimmer

Unsere Schule hatte wegen der einjährigen "BM2 Vollzeit" viele Abschlussklassen und somit viele freie Zimmer. Wir hatten die Möglichkeit, eine Klasse auf zwei Zimmer zu verteilen. Der Unterricht fand also gleichzeitig in zwei Zimmern statt. Für die Lehrpersonen war dies eine Herausforderung. Inputs waren nur mit Simultanübertragung ins andere Zimmer möglich. Diese Variante wählte ich zwei Mal, was speziell war. Ich hatte diesbezüglich natürlich keine Erfahrung. Anfänglich gab es immer wieder Sound-Probleme (Rückkoppelungen etc.). Diese konnten mit zunehmender Erfahrung aber gelöst werden. Die Lernenden des "anderen" Zimmers stellten ihre Fragen über den Klassen-Chat.

Ansonsten musste man mit schriftlichen Arbeitsaufträgen arbeiten. Es fand also quasi Fernunterricht, mit der Möglichkeit zum direkten Fragen stellen, statt. Diese Variante wählte auch ich am häufigsten. Die Lernende konnten selbst wählen, an welchen Themen sie arbeiten wollten und ich lief jeweils einfach herum und beantwortete individuelle Fragen.
Die Lernenden mussten nicht zwingend im Zimmer sein. Aufgrund des schönen Wetters liess ich meine Klassen auch immer wieder auf dem Pausenplatz in Kleinguppen arbeiten. Dies war nicht wirklich etwas Neues. Ich arbeite viel auf diese Weise und lege dabei lange Wegstrecken zurück.

Bei einer Klasse, die nach den Sommerferien auf andere Schulen verteilt und nicht mehr bei mir sein wird, machte ich einen grösseren Schlussquiz. Dieser beinhaltete verschiedene Aufgaben, welche die Lernenden in Gruppen lösen mussten. Nebst fachlichen Fragen (bspw. Socrative) mussten sie bei einer Aufgabe eine rechtliche oder betriebswirtschaftliche Fragestellung ihrer Wahl als Rollenspiel darstellen. Dabei offenbarten einige Lernenden nicht nur fachliches, sondern auch schauspielerisches Talent.

Niemand konnte sich verschlechtern, alle wurden promoviert

Es gab noch Prüfungen, die letztlich aber freiwillig waren, da die Schweizer Regierung verordnete, dass die Noten des Frühlingssemesters nicht schlechter sein durften als die Noten des Herbstsemesters. Alle Lernenden wurden per derselben Verordnung promoviert. Somit nahmen nur noch Lernende an meinen Prüfungen teil, die die Chance auf eine Verbesserung sahen. Die anderen durften die Prüfung als Übung lösen.

So kam es, dass in den letzten drei Wochen der Schule die Lernenden individuell, meist in selbstgewählten Kleingruppen ohne Prüfungs- und Notendruck zur Schule kamen und sich vor allem freuten, dass sie wieder ihre Kolleginnen und Kollegen sahen.

Es wehte wahrhaftig ein Hauch von Montessori und Steiner durch die heiligen Hallen des KV Lenzburg Reinach.

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